Woher das Merle-Gen plötzlich kommt, ist nicht eindeutig geklärt, vermutet wird die Einkreuzung von Tigerteckel oder Blue Merle Shelties, da seit Registrierung von Chis im Amerikanischen Kennel Club keinerlei Merle-Tiere auftauchen und auch bis vor kurzem keine Merle-Chis langjährigen Züchtern bekannt waren. Exotisch sehen sie aus und ob es gefällt, ist sicher Geschmackssache.

Doch jeder, der sich schon mal mit Farbgenetik, Defektgenen und Qualzucht befasst hat, ist hoffentlich auch über die Problematik des Merle-Gens (M) gestolpert, wobei m für das NICHT-Vorhandensein der unregelmäßigen Farbabschwächung (Merle-Zeichnung) und M für das Vorhandensein der Merle-Zeichnung verantwortlich ist. Das M-Gen führt zu verschiedenen mehr oder weniger ausgeprägten unregelmäßigen Flecksprenkelungen auf verschieden getöntem, meist blauem Hintergrund (z.B. wenn die Hintergrundfarbe schwarz oder black & tan ist). M ist dominant, m rezessiv. Das Gen, das also verantwortlich ist für das Auftreten der Merle-Zeichnung, ist dominant und in seiner homozygoten Form (reinerbigen Form, wenn also MM vorhanden ist, bzw. je ein M von Vater und Mutter vererbt wurde) treten Defekte von Schwerhörigkeit bis Taubheit sowie von Seheinschränkungen bis Blindheit auf. Diese homozygoten (reinerbig = MM) Merle-Tiere nennt man „White Merles“. Sie treten auf bei Verpaarungen von Tieren, die die Merle-Zeichnung (z.B. Blue Merle = Mm) offen oder „versteckt“ tragen. Die Welpen aus solchen Verpaarungen (Mm x Mm) werden (lt. Mendelscher Erblehre) zu 25 % homozygote White Merle-Tiere (MM) mit mehr oder weniger stark ausgeprägten Defekten sein.
Ob und wie stark White Merles durch das homozygote Merle-Gen (MM) geschädigt werden, hängt aber auch noch davon ab, wie die Marmorierung auf den Körper verteilt ist, die wiederum von weiteren genetischen Faktoren abhängt, die weitgehend unbekannt sind. White Merles sind überwiegend weiss (doppelte Farbabschwächung=MM), je nachdem wie die Verteilung der wenigen nichtfarbabgeschwäch-ten (pigmentierten) Stellen am Kopf auf Augen und Ohren erfolgt, kommt es zu mehr oder weniger starker Beeinträchtigung der Hör- und Sehfähigkeit. Man nimmt an, dass die Pigmentierung der Ader-haut des Auges und des mittleren Keimblatts (Stria Vascularis) am Ohr entscheidend ist für die Hör- und Sehfähigkeit, bei fehlender Pigmentierung treten Defekte auf. Den Welpen ist noch nicht anzusehen, ob sie diese Defekte haben werden.
D.h. solche Verpaarungen erfüllen ganz eindeutig den Tatbestand der QUALZUCHT und verstoßen gegen das Tierschutzgesetz, da bereits im vor hinein abzusehen ist, dass sie (statistisch) bei 25 % der Nachkommen zu schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen. Die Sache wäre nun ganz einfach, wenn man einfach solche Verpaarung (Mm x Mm) strikt unterlässt, das Problem dabei ist jedoch, dass das Merle Gen bei erwachsenen Tieren nicht immer erkennbar ist, da es „versteckt“ auftreten kann. „Versteckt“ bedeutet in diesem Fall keinesfalls rezessiv, sondern, dass bei helleren Hintergrundfarben wie z.B. fawn (alle Gelb- bis Brauntöne), aber auch sable (wildfarben), die Merle-Zeichnung nur in den frühen Welpentagen deutlich sichtbar ist, je älter der Welpe wird, desto stärker verblasst die Zeichnung und kann beim erwachsenen Tier sogar gänzlich verschwinden oder nur noch an den Ohrspitzen und -kanten bzw. an der Schwanzspitze sichtbar sein. Ebenso kann es in seltenen Fällen bei Tricolor und weissfaktorierten Welpen zum Verschwinden der Merle-Zeichnung kommen. Dies wird auf zusätzliche andere genetische Faktoren zurückgeführt, wie die Melanozyten (Pigmentzellen)-Wanderung während der embryonalen Entwicklung. Diese Tiere sind aber trotzdem genetisch z.B. Sable Merle-Tiere (Mm). Dies sollte ganz besondere Beachtung und Aufmerksamkeit beim Zuchtbuch-amt finden, Welpen müssen frühzeitig begutachtet und bei Merle-Zeichnung als solche eindeutig registriert werden. EINE UMSCHREIBUNG DER FARBE - weil im Erwachsenenalter die Merle-Zeichnung evtl. verblasst ist -DARF IM NACHHINEIN KEINESFALLS ERFOLGEN!
Um es noch komplizierter zu machen: Es ist auch manchmal schwierig White Merles von z.B. Blue Merles zu unterscheiden, da auch die Ausprägung der Fleckung am Kopf des White Merles so intensiv ausfallen kann (was ja einerseits positiv ist, da es zu weniger Beeinträchtigung der Seh- und Hörfähig-keit kommt), dass sie von z.B. Blue Merles mit weißem Hintergrund und Verteilung der Merle-Zeichnung lediglich am Kopf kaum zu unterscheiden sind. Wenn dann auch noch die Stammbaumeinträge nicht verlässlich sind (z.B. bei Registerpapieren), ist das Risiko, geschädigte Welpen zu erhalten, immens groß.
Ein Tier, dass keine sichtbare Merle-Zeichnung zeigt, aber das Merle-Gen „versteckt“ (nicht mit rezessi-ve zu verwechseln, siehe oben) trägt, sollte niemals mit einem z.B. Blue oder Sable Merle (Mm) ver-paart werden, egal ob dieser das Merle-Gen sichtbar oder versteckt trägt. Bei einer Verpaarung, die auch nur einen Merle-Welpen hervorgebracht hat, ist wenigstens ein Elterntier selber auch Träger des Merle-Gens (M). Hier ist geboten, den Träger des Merle-Gens und die gentragenden Ahnen zu identifizieren und eine entsprechende Eintragung in deren Ahnentafeln hat zu erfolgen.
Ein White Merle kann nur Merle-Welpen bringen und zwar bei Verpaarung mit z.B. Blue oder Sable Merles zu 50 % White Merles und 50 % Blue oder Sable Merles, bei Verpaarung mit White Merles 100 % White Merles. Verpaarungen von White Merle sind daher gänzlich zu unterlassen.
Die Auswirkungen des Merle Gens auf bereits verdünnte Farben (blau, lilac, creme) konnte ich bislang nicht recherchieren, ich befürchte jedoch auch hier weitere genetische Defekte.
Mir persönlich wäre es lieber, wenn überhaupt keine Merle-Hunde in die Zucht gelangen würden, wir haben uns gerade vom Vorwurf der Qualzucht in Bezug auf Zwergwuchs, Patella-Luxation, Kaiserschnitt und Wasserkopf etc. einigermaßen freimachen können, da braucht es nicht ein neues Risiko in unserer bisher von Defektgenen weitestgehend verschonten Rasse.
Ein striktes Verbot, überhaupt keine Merle-Tiere zur Zucht zuzulassen, widerspricht aber leider dem Standard, der alle Farben zulässt. Eine Änderung des Standards wäre denkbar, müsste aber vom Ursprungsland Mexiko über das Standard Komitee erfolgen:
Zusammenfassend ist zu sagen, dass aufgrund der hohen Risiken bei der Merle-Zucht, diese nur in die Hände wirklich wissender (ich schreibe absichtlich nicht erfahren, denn auch ein Züchter mit 20 Jahren Zuchterfahrung besitzt oft kaum die nötigsten genetischen Kenntnisse) Züchter gehört und unter strenger Kontrolle des Zuchtbuchamtes zu stehen hat. Es wäre sehr schade, wenn unsere Rasse geschädigt und in Verruf geraten würde, weil unbedachte und gewissenlose Zucht mit Merle erfolgt.
Daher wäre es sehr wünschenswert und dringend, dass sich baldmöglichst alle drei rassebetreuenden Vereine zu einem gemeinsamen Vorgehen abstimmen und eindeutige, obligatorische Zuchtbestimmun-gen für Merle-Tiere erlassen, die bei Zuwiderhandlung rigoros geahndet werden. Insbesondere das strikte Verbot von White-Merle und Blue Merle x Blue-Merle-Verpaarungen aufgrund der Qualzuchtrelevanz, sowie die frühzeitige Kontrolle der Welpen auf Merlefaktorierung und gewissenhafte frühzeitige Registrierung dieser Tiere. Die gewissenhafte Überwachung von Paarungsergebnissen aus Blue Merle mit anderen farbverdünnten Farben und sofortiges Einschreiten bei Auftreten von Schwierigkeiten. Ebenso wäre es wichtig, alle Merle-Tiere auf Reinrassigkeit durch DNA-Test und auf Seh- und Hörtüchtigkeit zu überprüfen. Eine Beratung bei der Erstellung der Zuchtbestimmungen für Merles durch Genetiker wäre höchst wünschenswert. Eine Schulung der Zuchtwarte und Züchter in Bezug auf Merle-Gen wäre ebenso höchst wichtig. Die Umschreibung von eingetragenen Merle-Farben sollte ausgeschlossen werden.
Die Qualzuchtrelevanz bei Merle Verpaarungen bedeutet, dass Züchter, die White Merle produzieren mit einer Anzeige zu rechnen haben!

by Monika Soudais